Leo: Bei den aktuellen, rasanten technologischen Entwicklungen taucht plötzlich erneut eine Fragestellung auf, die mich schon einige Jahrzehnte immer wieder beschäftigte: Wer sind wir? Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Ist es denkbar, dass wir in einer Simulation leben, in einer weit umspannenden Computerwelt? Alles Leben, alle Entwicklungen nur eine Art hochkomplexes programmiertes Spiel? Eingerichtet von den „Höheren“ in der „Matrix“.
Das klingt zunächst verschroben, allzu phantastisch, ja für manche geradezu lächerlich.
Aber mal angenommen, es wäre wahr und wir würden es zunehmend erkennen, Beweise für die Richtigkeit bekommen, welche immensen Auswirkungen hätte diese neue Erkenntnis über unsere Realität! Es würde alles Ändern oder in Frage stellen. Unsere Philosophie, unser Bewusstsein, unser Lebensgefühl, unsere Pläne und Aktivitäten, ja eigentlich würde das Universum auf den Kopf gestellt.
Je mehr sich die Haupttreiber der technologischen Entwicklung (künstliche Intelligenz, Genetik und Nanotechnologie) näher kommen und sich gegenseitig befruchten und interagieren, desto mehr Zeichen und Hinweise sehen wir für die Richtigkeit dieser Simulationsidee. Diese absurde, phantastische Idee könnte sich als wahr erweisen.
Auch sind die Zeiten vorbei, wo man beim Hegen solchen Denkens als Phantast und Spinner abgestempelt wurde.
Heute schürfen renommierte, anerkannt intelligente Denker dieser Idee nach, verfassen wissenschaftliche Ausarbeitungen darüber und haben einen öffentlichen Diskurs begonnen.
Da ist z. B. Nick Bostrom, ein schwedischer Philosoph, der in Oxford unterrichtet, und sich intensiv mit den Folgen der Technikentwicklung auseinandersetzt. Seit Jahren beschäftigt er sich tiefgründig mit dem Simulationsthema. Er hat dazu ein Arbeits-/ Diskussionspapier verfasst, das es wert ist, zu lesen:
Er hat für die sich darauf ergebenden Diskussionen eine eigene Website angelegt, auf der weitere interessante Beiträge, Schlussfolgerungen und Verweise zu finden sind.
Weiter zu erwähnen: Tausendsassa Elon Musk, auf den ich in einem späteren Beitrag noch ausführlich eingehen werde. Musk, der als genialer Unternehmer die fortschrittlichsten Entwicklungen betreibt (Tesla, SpaceX, Hyperloop, Boring Company, usw..), ist mehr als überzeugt davon, dass wir in einer Simulation leben:
Elon Musk thinks it’s almost certain that we’re living in some version of The Matrix. In fact, he believes that there’s a „one in billions chance“ that reality as we know it is not a computer simulation. (Musk denkt, es ist nahezu sicher, dass wir in einer Art Matrix leben. Tatsächlich glaubt er, dass es nur eine Chance von eins zu einer Milliarde gibt, dass die Wirklichkeit sich nicht als eine Computersimulation erweist).
Als eines der „stärksten“ Argumente führt er an:
„Vor 40 Jahren hatten wir Pong. Zwei Rechtecke und einen Punkt. Das war, wo wir waren.“ (die Älteren erinnern sich)
„Jetzt, 40 Jahre später, haben wir fotorealistische 3D-Simulationen mit Millionen von Menschen, die gleichzeitig spielen und es wird jedes Jahr besser. Und bald werden wir virtuelle Realität haben, wir werden die Realität verbessern.“
Mehr zur Gedankenwelt von Elon Musk ist hier nachzulesen.
Die Ursprünge der Simulationshypothese gehen weit zurück:
auf wissenschaftlicher Seite:
Ursprünge der Simulationshypothese finden sich in den Interpretationen der Quantenmechanik und Überlegungen zahlreicher Physiker und Informatiker, darunter Carl Friedrich von Weizsäcker, John Archibald Wheeler, Stephen Wolfram, Jürgen Schmidhuber und Gerard ’t Hooft. … Auch Konrad Zuse, der Computererfinder, hat sich damit auseinandergesetzt. (siehe Wikipedia).
Selbst die Bank of America gibt der Simulationsidee eine Realitätschance von 20-50%
Wem das alles zu „trocken“ ist, der sei auf die vielen künstlerischen Themabearbeitungen hingewiesen (Literatur und Film): Dabei möchte ich besonders hervorheben und empfehlen:
„Welt am Draht„

von dem großartigen amerikanischen SF-Autor Daniel Francis Galouye aus dem Jahre 1964. Die originale Erstausgabe des Buches erschien unter dem Titel:
Counterfeit World. Weitere Titelvarianten sind: Simulacron-3 (dt. Simulacron Drei ) und The 13th Floor (dt. Das dreizehnte Stockwerk).
Das Buch wurde mehrfach verfilmt, am genialsten finde ich aber immer noch die
2-teilige Fernsehspielfassung von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahre 1973:

Fassbinder drehte viele Szenen im damaligen Siemens-Computerwerk in Augsburg. Die dort gefertigten Großrechneranlagen 4004, die riesigen Speicherplattenkisten und Schnelldrucker gaben eine optimale Filmkulisse. Nebenbei bemerkt war ich justament zum Drehzeitpunkt als Auszubildender in diesem Computer Werk, habe daher eine „besondere Beziehung“ zu dem Film. U.a. stechen neben den alten Computeranlagen die orangenen Plastikstühle aus unserer damaligen Cafeteria ins Auge. (das 70er Jahre Orange ist natürlich in dem Schwarzweiß-Film nicht zu sehen. :-))
1999 veröffentlichten die Wachowski-Brüder (damals noch Brüder, zwischenzeitlich sind sie zu Schwestern geworden) den ersten Teil des mittlerweile zum Kult erhobenen Filmes Die Matrix.

Zwei Fortsetzungen sollten folgen. Auch darin wird die Frage „Leben wir in einer Computersimulation“ zum zentralen Thema.
Wer sich mit dem Thema „kulturell“ auseinandersetzen möchte, dem seien Galouyes Buch und die DVD’s von Fassbinders Welt am Draht und Wachowskis Matrix sehr empfohlen.
Natürlich eignen sich auch die vielen weiteren weblinks zu den wissenschaftlichen Publikationen und Diskussionen zur Vertiefung.
Ich empfinde das Thema sehr gewichtig und auch nachdenkenswert; werde daher einen zusätzlichen Blog-Menüpunkt einführen, um ihm gerecht zu werden. Man muss bei diesem Thema am Ball bleiben, da ist in naher Zukunft noch vieles zu erwarten.
Leonardo
Gefällt mir:
Like Wird geladen …